Lieferengpässe und Preissteigerungen Kampf ums deutsche Holz: 42,6 Prozent mehr Rohholz exportiert

Im eigentlich dicht bewaldeten Deutschland wird Holz immer teurer. Bauindustrie und Handwerker klagen über stark gestiegene Preise für Bauholz, während gleichzeitig der Export von rohen Stämmen und bearbeitetem Schnittholz kräftig anzieht. Droht ein Ausverkauf des Waldes?

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, exportierte Deutschland im Jahr 2020 insgesamt rund 12,7 Millionen Kubikmeter Rohholz im Wert von 845 Millionen Euro. - © magele-picture - stock.adobe.com

Die globale Nachfrage nach dem Baustoff Holz heizt in Deutschland den Export an. Im vergangenen Jahr hat Deutschland die Rekordmenge von 12,7 Millionen Kubikmetern Rohholz exportiert, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Im Vergleich zum Jahr 2019 ist dies eine mengenmäßige Steigerung um 42,6 Prozent. Mehr als die Hälfte davon ging in die Volksrepublik China, wo der Bauboom nach überwundener Corona-Krise noch einmal angezogen hat. Auch in den USA herrscht eine hohe Nachfrage, weil der traditionelle Nachschub aus Kanada nach Bränden und Trump-Strafzöllen stockt.

"Das Holz aus unseren Wäldern wird global verhökert, statt es regional zu nutzen", warnt die WWF-Waldexpertin Susanne Winter. Erste Politiker wie Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bringen temporäre EU-Exportbeschränkungen für Holz und andere Rohstoffe ins Gespräch, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Die drastischen Preissteigerungen und Lieferengpässe stellten viele Handwerksbetriebe vor enorme Probleme, erklärt auch Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Baustellen droht der Stillstand, Beschäftigten die Kurzarbeit. Bereits laufende Projekte werden für Betriebe teilweise unrentabel. Auch politische Ziele wie die Energiewende stehen vor dem Aus. Wollseifer spricht sich angesichts der dramatischen Situation ebenfalls für Exportbeschränkungen aus. In der Bundesregierung treffen diese aber nicht auf viel Gegenliebe.

So viel Bäume geschlagen wie noch nie nach der Wiedervereinigung

Eigentlich müsste auch so genug Holz da sein, denn in den vergangenen Jahren haben Trockenheit, Stürme und Schädlinge wie der Borkenkäfer große Lücken in die deutschen Wälder gerissen. Im vergangenen Jahr wurden so viele Bäume geschlagen wie noch nie seit der deutschen Wiedervereinigung, rund 80,4 Millionen Kubikmeter Holz. Schlecht für die Waldbesitzer: Das so genannte Schadholz machte weit mehr als die Hälfte aus, wie das Statistische Bundesamt weiterhin berichtete. Für "Käferholz" gibt es beim Händler deutlich weniger Geld, denn am Bau kann das Material nur verwendet werden, wo es nicht zu sehen ist.

Ohnehin fühlen sich die meist mittelständischen Waldbesitzer in einer schlechten Verhandlungsposition gegenüber Holzhändlern und Groß-Sägewerken. Trotz der global starken Nachfrage bewegen sich die Preise für Rohholz mit einem Minus von 27,3 Prozent weiterhin deutlich unter dem Niveau von 2015, wie die Bundesstatistik bestätigt. Der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, Georg Schirmbeck, hat vor wenigen Tagen die Waldbesitzer in einem Zeitungs-Interview zu einem "Säge-Streik" aufgerufen und faire Preise gefordert. "Mit unserem Rohstoff werden Riesengewinne eingefahren, aber die Waldbauern profitieren kein Stück davon", schimpfte Schirmbeck. "Wir werden regelrecht abgezockt von den wenigen Holzhandelskonzernen, die den Markt dominieren."

"Nachfrage- und Preisschwankungen wird es künftig vermutlich häufiger geben"

Deutlich besser stehen die Holzverarbeiter da. Laut Statistikamt erreichten die Säge-, Hobel- und Imprägnierwerke im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz von 6,5 Milliarden Euro, ein knappes Drittel davon im Auslandsgeschäft. Dazu beigetragen haben auch saftige Preissteigerungen beispielsweise für Nadelschnittholz, das im März dieses Jahres im Schnitt 20,6 Prozent teurer war als ein Jahr zuvor. Rund 40 Prozent der deutschen Produktion gehen ins Ausland.

Die Sägewerke arbeiten am Anschlag, versichert der Verband Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH). Den Import haben die Betriebe demnach runtergefahren, um die großen Holzmengen aus den inländischen Waldschäden verarbeiten zu können. DeSH-Präsident Jörn Kimmich verweist auf einen leichten Exportrückgang zu Beginn des laufenden Jahres bei einer gleichzeitigen Produktionsausweitung. Eine dauerhafte Verknappung des nachhaltigen Baumaterials erwartet er nicht: "Nachfrage- und Preisschwankungen, wie wir sie aktuell erleben, wird es künftig vermutlich häufiger geben. Damit gesellt sich Holz zu den anderen Bauprodukten wie Stahl, Zement oder Kies, die schon länger volatil sind."

Kein Ausverkauf des deutschen Waldes zu erwarten

Aktuell müssen Häusle-Bauer also mit deutlich höheren Holzpreisen rechnen, einen Ausverkauf des deutschen Waldes erwarten die Fachleute aber nicht. Kurioserweise führt gerade die geschwächte Widerstandskraft der Wälder in den nächsten Jahren zu einem kontinuierlichen Holz-Nachschub. "Holz ist hierzulande nicht knapp. Wegen des im Klimawandel notwendigen Waldumbaus wird in den kommenden Jahren weiterhin genügend Nadelholz anfallen", sagt ein Sprecher des Forstwirtschaftsrates. Man müsse allerdings rechtzeitig Strategien entwickeln, um Holz als Baumaterial effizienter einzusetzen. dpa/fre