Klimaschutzgesetz Schärfere Klimaziele: Wie die Maßnahmen genau aussehen

Das Bundeskabinett hat neue Klimaschutzziele verabschiedet. Außerdem kündigte die Bundesregierung ein Umsetzungsprogramm an: Danach sollen Mieter beim CO2-Preis entlastet und Vermieter belastet werden.

Svenja Schulze
Umweltministerin Svenja Schulze nimmt mit dem neuen Klimaschutzgesetz auch Vermieter in die Pflicht. - © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die Bundesregierung verabschiedet schärfere Klimaschutzziele. "Mit diesem Gesetz schaffen wir mehr Generationengerechtigkeit, mehr Planungssicherheit und einen entschlossenen Klimaschutz, der die Wirtschaft nicht abwürgt, sondern umbaut und modernisiert", sagte Bundesumweltminister Svenja Schulze (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss. So sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent verringert werden. Bisher waren 55 Prozent gegenüber 1990 vorgesehen. Bis 2040 ist eine Reduktion um 88 Prozent (bisher: 70 Prozent) geplant. Außerdem will Deutschland bis zum Jahr 2045 - und damit fünf Jahre früher als bisher geplant - klimaneutral sein.

Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

Mieter sollen beim CO2-Preis entlastet werden

Zusätzlich zum Beschluss des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Umsetzung angekündigt. Die Regierung will dazu bis zu acht Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Es sieht aber auch zusätzliche Vorgaben vor. So sollen beispielsweise die Energiestandards für Neubauten gestärkt werden. Ferner sollen die Kosten des CO2-Preises künftig nicht mehr allein von den Mietern, sondern zur Hälfte von den Vermietern getragen werden. Damit solle die Lenkungswirkung des CO2-Preises verbessert werden, da Vermieter über energetische Sanierungen und die Art der Heizung entschieden, betonte Schulze. Noch muss dies aber gesetzlich verankert werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wies darauf hin, dass die vereinbarten zusätzlichen acht Milliarden Euro auch dazu benutzt würden, um die Produktion von grünem Wasserstoff zu beschleunigen.

Klimaschutzgesetz schreibt keine konkreten Maßnahmen vor

Das Klimaschutzgesetz selbst schreibt keine konkreten Maßnahmen vor, wie die Klimaziele erreicht werden sollen. Mögliche Instrumente sind ein höherer C02-Preis auf fossile Brennstoffe, ein vorgezogener Kohleausstieg und ein schnellerer Ausbau von Wind- und Sonnenenergie. Schulze sprach sich indessen gegen eine baldige Erhöhung des CO2-Preises auf Öl und Gas aus. Bevor die Preise steigen könnten, müsste es mehr saubere Alternativen geben. Es gehe ihr nicht nur darum, dass der Staat Geld einnimmt. Sie wolle eine echte Lenkungsfunktion.

Handwerk sieht Novelle kritisch

Das Handwerk sieht die Gesetzesnovelle kritisch. "Die von der Bundesregierung jetzt beschlossene Novelle des Klimaschutzgesetztes lässt leider den Weitblick sowie das notwendige Gleichgewicht zwischen ökologischen Zielstellungen einerseits und wirtschaftlichen wie sozialen Grunderfordernissen andererseits vermissen", betonte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. "Für die Investitions- und Beschäftigungsplanungen wie auch die eigentliche Geschäftstätigkeit unserer Betriebe hätte es aber genau das gebraucht", fügte er hinzu.

Günstigerer Strom für KMU

Sowohl Schulze wie auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) betonten, dass die Produktion von Erneuerbarem Strom zu bezahlbaren Preisen jetzt forciert werden müsse. Wie Altmaier weiter sagte, soll das Geld, welches über die CO2-Bepreisung eingenommen werde, möglichst komplett und vollständig wieder an die Bürger zurückgegeben werden, indem der Strompreis für private Verbraucher und mittlere und kleine Unternehmen deutlich günstiger gestaltet werde. Die EEG-Umlage solle deshalb abgeschafft und der weitere Ausbau der Erneuerbaren in erster Linie über Mittel des Energie- und Klimafonds oder über den Bundeshaushalt finanziert werden. Er sei sich mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Prinzip darüber einig. Richtig zufrieden sei er aber erst dann, wenn die Abschaffung der EEG-Umlage gesetzlich geregelt und verankert sei.

Jährliche Minderungsziele von 2031 bis 2040

Im Einzelnen sieht das Klimaschutzgesetz genaue Minderungsziele für die Zeit von 2030 bis 2039 vor. Damit reagiert die Regierung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hatte jüngst beanstandet, dass auch im Sinne einer verhältnismäßigen Belastung künftiger Generationen der Weg zur Erreichung der Klimaneutralität ab 2030 zu ungenau formuliert sei. Darüber hinaus konkretisiert das Gesetz die Reduktionsziele für einzelne Wirtschaftssektoren wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr oder Gebäude vor. Bis 2030 werden für jedes Jahr die Reduktionsziele festgelegt, danach in Fünf-Jahres-Schritten. Ab 2032 sollen auch sie jährlich festgelegt werden.

Alle Sektoren müssen ihren Beitrag leisten

So muss etwa die Energiewirtschaft den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase (C02-Äquivalente) von 280 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr bis 2030 statt auf 175 auf 108 Millionen Tonnen reduzieren. Die Industrie soll ebenfalls einen hohen Beitrag leisten. Sie soll ihre Emissionen von rund 186 Millionen Tonnen im Jahr 2020 bis zum Jahr 2030 statt auf 145 auf 118 Millionen Tonnen senken. Ein beträchtlicher Beitrag soll auch vom Gebäudesektor kommen. Hier sollen die Emissionen von rund 118 Millionen Tonnen im Jahr 2020 auf 67 (bisher: 70) Millionen Tonnen gesenkt werden. Ein ähnlich starker Rückgang ist für den Verkehrssektor vorgesehen. Hier sollen die Emissionen von 150 Millionen Tonnen auf 85 (bisher: 95) Millionen Tonnen bis Ende des Jahrzehnts fallen.

Wälder und Moore sollen beim Klimaschutz helfen

Mit den beschriebenen Reduktionszielen allein wird Deutschland die Klimaneutralität bis 2045 nicht erreichen, heißt es im Klimaschutzgesetz. Das Gesetz sieht deshalb anders als bisher vor, die noch verbleibenden drei Prozentpunkte durch natürliche Ökosysteme wie Wälder und Moore zu erreichen. Dazu müssten sie entsprechend ertüchtigt werden. So sollen sie bis 2030 jährlich "mindestens 25 Millionen Treibhausgase“ binden. 2018 lag dieser Wert bei 18 Millionen Tonnen. Für 2040 sind "mindestens 35 Millionen Tonnen" und für 2045 "mindestens 40 Millionen Tonnen" vorgesehen.

Vorgaben aus Brüssel vorweggenommen

Das deutsche Klimagesetz ist so angelegt, dass es noch einmal angepasst werden kann, sofern die jetzt festgelegten Ziele nicht den noch ausstehenden EU-Vorgaben entsprechen sollten. Die EU hatte sich Ende 2020 zum Ziel gesetzt, bis 2030 anstelle von 40 Prozent Emissionsminderung 55 Prozent zu schaffen. Dadurch ergeben sich für Deutschland und andere Mitgliedstaaten neue Ziele. Mitte Juli will die EU diese neuen Vorgaben präsentieren. Das jetzt von Deutschland festgelegte Ziel von 65 Prozent liegt im Bereich dessen, was von EU-Seite auf Deutschland zukommen könnte, fügte Schulze hinzu.

Mit den jeweiligen Klimaschutzgesetzen wollen die EU und Deutschland einen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen leisten. Die Staatengemeinschaft hatte sich 2015 dem Ziel verpflichtet, die globale Erderwärmung unter zwei Grad zu oder wenn möglich auf 1,5 Grad zu senken, um verheerende Folgen für das Klima und die Umwelt zu verhindern.