Schutzschirm bei Scharmützeln So finden Handwerksbetriebe den passenden Rechtsschutz

Zu Streit kann es in vielen Situationen kommen. Gute Rechtsschutzversicherungen mindern im gewerblichen wie im privaten Bereich das Kostenrisiko. Was vor Abschluss zu beachten ist.

Kfz-Werkstatt
Konflikte zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber enden manchmal vor Gericht. Handwerksbetriebe brauchen Rechtsschutz nach Auskunft der Versicherer vielfach bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten. - © Gpoint Studio – stock.adobe.com

Ganz offensichtlich – so zeigen es Untersuchungen – streiten die Deutschen gerne. Und dabei geht es keineswegs nur um Zwist mit den Nachbarn, sondern auch mit Behörden, Vermietern oder Arbeitgebern. 38 Prozent aller Konflikte, so weist der letzte Streitatlas der Generali-Versicherungsgruppe aus, fechten die Menschen in Deutschland im Privat- und Strafrecht aus. Und jeder zweite Konflikt dauert länger als ein Jahr. Das Unternehmen erhebt alle zwei bis drei Jahre, wie es um die Streitbereitschaft der Deutschen bestellt ist.

Knapp ein Drittel aller Streitereien findet demnach rund um das Thema Straßenverkehr und Mobilität statt und ebenfalls stark betroffen ist das Arbeitsumfeld. Damit ist klar: Auch Unternehmer, so Svenja Hartlehnert, Teamleiterin Produktentwicklung bei der Arag SE, können schnell und ohne eigenes Zutun in Konflikte hineingezogen werden.

Zudem gibt es auch unter Unternehmen durchaus Zündstoff, zum Beispiel um das Einhalten von Verträgen. Geht der Streit dann vor Gericht, so die Expertin, "sind Kosten im fünfstelligen Bereich keine Seltenheit". Wohl dem also, der dann eine gute Rechtsschutzpolice hat. Gerade im Arbeitsrecht ist das besonders wichtig, denn hier gilt in der ersten Instanz, dass beide Parteien ihre Kosten selbst tragen – selbst wenn sie gewinnen.

Handwerk streitet am häufigsten beim Arbeitsrecht

Handwerksbetriebe, so zeigen Auswertungen der Versicherungen, die einen Rechtsschutz abgeschlossen haben, nehmen ihn mit am häufigsten bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten in Anspruch. Außerdem nutzen sie ihn bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, beispielsweise, wenn durch Fremde Firmeneigentum beschädigt wurde, und nach Unfällen im Straßenverkehr.

Zusätzlich empfiehlt Hartlehnert gerade auch im Handwerk, immer auch die Zahlungsmoral der Kunden im Auge zu behalten – und beispielsweise eine Police zu wählen, "die dabei hilft unstreitige Forderungen durchzusetzen", also auch Forderungsmanagement einschließt. Zudem rät sie zu einem Vorsorge- Rechtsschutz, über den neu dazu kommende Risiken rückwirkend mitversichert werden können, und zu Mediation als obligatorischen Bestandteil. "Damit können rechtliche Streitigkeiten oftmals schnell und unkompliziert auf einvernehmlicher Basis, etwa zwischen Handwerker und Kunde, gelöst werden."

Letzteres hält auch Kerstin Hußmann-Funk von der Verbraucherzentrale Hamburg für wichtig. Hußmann-Funk beschäftigt sich mit privaten Rechtsschutzpolicen. Wobei sie grundsätzlich klarstellt: Entscheidend für einen guten Schutz – egal in welchem Bereich – ist immer, vor dem Abschluss den individuellen Bedarf zu ermitteln und dann gut zu vergleichen. Denn selbst wenn Policen die gleichen Gebiete umfassen, kann sich der Schutz im Einzelnen deutlich unterscheiden, stimmt auch Hartlehnert zu.

Passender Tarif nur mit ausführlicher Beratung

Für den privaten wie den gewerblichen Bereich arbeiten die Anbieter zudem fast immer mit dem Baukastenprinzip. Das ist grundsätzlich nicht schlecht. Aber ohne ausführliche und neutrale Beratung, erläutert Hußmann-Funk, "ist es daher extrem schwierig, den exakt passenden Tarif zu finden".

Der richtige Schutz ist auch deswegen wichtig, weil in vielen Policen tatsächlich weniger enthalten ist, als die Kunden meinen (siehe Kasten). Und eine so umfassende Absicherung, wie viele Interessenten oft leichtgläubig meinen, stellt die Verbraucherschützerin klar, bietet mitunter auch die beste Versicherung nicht. Manche Bereiche sind sogar explizit ausgenommen.

So zum Beispiel die Abwehr von unberechtigten Schadenersatzansprüchen – ein Thema, das oft falsch eingeschätzt wird. Tatsächlich ist der Rechtsschutzversicherer hier jedoch der falsche Ansprechpartner. Helfen würde hier die Haftpflichtversicherung, die nicht nur greift, wenn es um den Ersatz von berechtigten Ansprüchen geht, sondern auch wenn unberechtigte abgewehrt werden müssen.

Zudem gilt: Ist der Konflikt bereits da, nützt auch die beste Police nichts mehr, denn dann besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Eine Einschränkung, die auch gilt, wenn sich ein Rechtsstreit in naher Zukunft ankündigt. Um vorzubeugen, dass der Vertrag erst abgeschlossen wird, wenn der Schaden bereits da ist, arbeiten alle Anbieter mit Wartefristen. Wobei sich gerade hier immer ein Blick ins Kleingedruckte lohnt. Denn die können sehr unterschiedlich lang sein.

Versicherer arbeiten oft mit Fristen

Ebenfalls genaues Hinsehen ist beim Punkt "Verzicht auf Einrede der Vorvertraglichkeit" gefragt. Hier geht es darum, dass auch Versicherungsfälle übernommen werden, die vor Vertragsbeginn eingetreten sind. Hier arbeiten die Versicherer mitunter mit Fristen bis zu fünf Jahren. Bezogen auf Mietrechtsverfahren kann dies bedeuten, dass Kündigungsklagen nicht gedeckt sind, wenn der Mietvertrag erst vor drei Jahren geschlossen wurde. Es geht aber auch deutlich kürzer.

Bleibt am Ende die Frage, ob es sinnvoll ist, möglichst umfassende Paketlösungen zu wählen oder sich die Bausteine lieber einzeln zusammenzustellen. Hier empfehlen Experten genau zu überlegen, was man wirklich braucht. Zusatzleistungen wie Anwaltshotline, Vertrags-Check, Prüfung von Websites, oder Downloads von Vertragsvorlagen können für kleine Unternehmen sehr sinnvoll sein, weiß Arag-Expertin Hartlehnert. Wer eine eigene Rechtsabteilung hat, kann sich die Kosten aber vielleicht auch sparen.

Vor allem für den privaten Bereich gilt zudem, so Verbraucherschützerin Hußmann-Funk, immer vorab zu überprüfen, ob einzelne Elemente nicht anders gedeckt sind. Wer beispielsweise Mitglied im Mieterbund oder in einer Gewerkschaft ist, bekommt auch hier Unterstützung in rechtlichen Fragen. Gleiches gilt auch für die Mitgliedschaft in einem Automobilclub. Allerdings ist die Absicherung über eine Rechtsschutzpolice in der Regel umfangreicher.

Als Freibrief für unnötige Scharmützel sollte die Rechtsschutzpolice allerdings nicht verstanden werden. Denn, was viele nicht wissen, die Versicherer können ebenfalls den Vertrag kündigen – und tun dies auch. Wobei der bereits erwähnte Blick ins Kleingedruckte sinnvoll ist. Denn es gibt Anbieter, die bei bis zu drei Schäden im Jahr auf dieses Kündigungsrecht verzichten.

Rechtsschutz in Kürze

Allgemein gilt: Rechtsschutzpolicen decken die Anwalts-, die Gerichts- und Sachverständigenkosten sowie die Kosten der Gegenseite, wenn man vor Gericht verliert. Nach Abschluss sind Wartezeiten einzuhalten. Durch Selbstbehalte lassen sich die Kosten reduzieren. Manche Gesellschaften verzichten auf den Selbstbehalt, wenn über mehrere Jahre kein Schaden gemeldet wurde.

Gewerblicher Rechtsschutz

Versichert sind der Betriebsinhaber und seine Mitarbeiter.

Bausteine, die speziell für das Handwerk wichtig sind: Strafrechtsschutz, Mindestlohn-Rechtsschutz, Forderungsmanagement-Rechtsschutz, Sozialrechtsschutz (z.B. für Streitereien mit der Berufsgenossenschaft), Mediation
Achtung, oft ausgeschlossen sind: Streit aus Versicherungsverträgen, klassischer Vertragsrechtsschutz. Abwehr von unberechtigten Schadensersatzansprüchen, Verfahren wegen Halte- und Parkverstößen im Straßenverkehr.

Kosten: Die Höhe der Prämie hängt von der Anzahl der Mitarbeiter, Umsatz oder Lohn- und Gehaltssumme des Betriebes ab.

Privater Rechtsschutz

Versichert sind Einzelpersonen (Singlepolice) oder ­Familien

Mögliche Bausteine: Verkehrsrechtsschutz, Eigen­tümer- und Mietrechtsschutz, Privat- und Berufsrechtsschutz für Nichtselbstständige (Arbeitnehmer)/Privat- und Berufsrechtsschutz für Selbstständige. Sinnvoll sind erweiterter Strafrechtsschutz für den Fall, dass dem Versicherungsnehmer ein vorsätzliches Vergehen vorgeworfen wird, und Schutz bei Daten- und Identitätsdiebstahl. Ebenfalls wichtig: der Einschluss von Streitereien wegen Leistungen aus der Kranken- und BU-Versicherung. In der Regel ausgeschlossen: Scheidungsverfahren sowie Streit um Immobilien und Erbrecht. Gute Policen enthalten hier aber zumindest eine anwaltliche Beratung. Neuere Verträge schließen zusätzlich Streit um Geldanlagen und das Thema Dieselskandal aus.

Kosten: Gute Verträge für Singles wie für Familien sind unter 300 Euro jährlich erhältlich.