Ausbildungsserie Lohnersatzanspruch für ein vorgetäuschtes Ausbildungsverhältnis

Voller Einsatz auf der Baustelle statt Berufsausbildung: Ausbildungsberater Peter Braune erzählt in dieser Ausbildungsserie von einem Fall, in dem ein Azubi von seinem Chef wie ein ungelernter Arbeiter beschäftigt wurde. Er hatte dann jedoch auch einen Lohnersatzanspruch.

Maurer
Wenn statt einer Berufsausbildung eine 40-Stunden-Woche für den Azubi ansteht, kann ein Lohnersatzanspruch drohen. - © Gina Sanders - stock.adobe.com

Ein junger Mann hatte mit einem Betrieb einen Vertrag zu einer Ausbildung als Maurer abgeschlossen – oder zumindest dachte er das. Die Vertragsparteien vereinbarten eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 750 Euro. Der Ausbildende meldete das Lehrverhältnis aber weder bei der zuständigen Stelle noch in der Berufsschule an. Er erstellte auch keinen betrieblichen Ausbildungsplan für den jungen Mann.

Der junge Mann bekam eine einmalige Einweisung in die Tätigkeit durch einen Gesellen. Danach wurde er mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden auf verschiedenen Baustellen eingesetzt.

Lohnersatzanspruch statt Ausbildungsvergütung

In der Freizeit sprach er mit seinen Freunden über das Lehrverhältnis, das er aus seiner Sicht eingegangen war. Das bekam auch die Mutter von einem der jungen Leute mit, die sich mit dem Thema Berufsausbildung auskannte. Erst kurz zuvor hatte sie einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Ausbilderin bestanden. Und so wusste sie sofort, was hier nicht stimmte: So wies sie den jungen Mann darauf hin, dass es sich auf keinen Fall um ein Lehrverhältnis handelt, das er eingegangen sei. Außerdem erklärte sie ihm, welche Konsequenzen es für den Inhaber des Baugeschäftes haben kann, wenn der junge Mann eine Klage beim Arbeitsgericht anstrengt.

Denn er hätte für seine Tätigkeiten und die von ihm geleistete Arbeitszeit eigentlich einen Anspruch auf das Tarifentgelt eines ungelernten Arbeiters und damit einen Lohnersatzanspruch. Ihm würde, in Anwendung vom Bürgerlichen Gesetzbuch, ein Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers zustehen. Der Grund: Nach Art und Umfang seiner Arbeit wurde er wie eine ungelernte Kraft beschäftigt.

Lohnersatzanspruch: Azubi wie ein ungelernter Arbeiter beschäftigt

Von einer Berufsausbildung ist hier nicht auszugehen, denn das Ziel einer Ausbildung ist es, den Lehrlingen die beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und Berufserfahrungen zu ermöglichen. Ein Lehrling, der als Beschäftigter eingesetzt wird, ohne ausgebildet zu werden, erbringt Leistungen, zu denen er auf der Grundlage seines Lehrvertrages nicht verpflichtet ist. Damit sind die erbrachten Leistungen nicht durch die Zahlung einer Ausbildungsvergütung abgegolten. Stattdessen sind sie in Höhe der üblichen Vergütung einer vergleichbaren Beschäftigung zu bezahlen.

Ihr Ausbildungsberater Peter Braune

Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.